Bezug: https://twitter.com/MrsSarahBlume/status/1359576238663364631


Ich selbst interpretiere mich als trans binäre Person. So habe ich irgendwann einmal gelernt, dass Männer einen Penis und Frauen eine Vagina haben. Und irgendwie komme ich da auch nicht wirklich drüber weg.

Deswegen ergeht an dieser Stelle gleich mal eine Triggerwarnung für alle Geschlechter, die sich zwischen den binären Ansichten bewegen. Dabei ist es mir vollkommen klar, dass es Männer mit Uterus gibt, und es gibt Frauen mit Penis. Es gibt trans Menschen, die überhaupt gar keine Operation anstreben. Und alles ist richtig. Dieser Text ist wahrscheinlich voll mit Klischees und an denen muss ich arbeiten.

Wir leben in einer Zeit, wo sich die Geschlechterrollen und auch die Geschlechter selbst ändern und manifestieren. Manchmal habe ich den Eindruck, dass all dies in einer Geschwindigkeit geschieht, wo binäre Menschen einfach nicht hinterherkommen. Und ja, ich gehöre auch zu diesen Menschen.

Um es klarzustellen: Ich akzeptiere und respektiere jedes Wesen auf diesem Planeten als Mensch. Und wenn du lieb zu mir bist, dann bin ich auch lieb zu dir. Das ist keine Frage. Und dennoch habe ich ein Problem damit, wenn eine trans Frau einen Penis hat und ein trans Mann eine Vulva. Und das nicht ändern möchte.

Aufgrund meiner eigenen Persönlichkeit finde ich es schwierig, als trans Frau den Penis für die eigene Sexualität einzusetzen. Auf der anderen Seite kann ich auch nachvollziehen, dass z.B. trans Frauen auch in irgendeiner Form sexuelle Erfüllung erleben und nicht ohne Orgasmus sein wollen. Und dieser ist am Ende des Tages nur durch Nutzung des eigenen Penis machbar, denn nicht jede trans Frau kann anale Orgasmen haben.

Für mich selbst habe ich erkannt, dass ich Frau bin. Und eine Frau hat keinen Penis und deswegen kann ich auch keine Orgasmen haben. Das ist für mich eine Konsequenz daraus, dass ich Frau bin. Und nun frage ich mich selbst, wie ich zu dem Thema „queer“ überhaupt stehe. Oder anders formuliert: Kann ich Sex mit nicht binären Menschen haben?

Ich erinnere mich daran, dass ein männlicher Mensch sich mir gegenüber als nicht binär geoutet hat und sich als Frau fühlt. Dabei schaue ich in das Gesicht eines Menschen mit Bart und frage mich: Wie bekommst du dein Inneres nach außen? Müsstest du nicht dein Äußeres auch deinem Gefühl anpassen?

Ein Kollege von mir besitzt den Körper einer Frau. Und setzt seinen Körper für die Sexarbeit ein. Auch wenn meine Gedanken den Kollegen als „sie“ bezeichnen wollen, möchte er als „er“ bezeichnet werden. (Nachträglich geändert, weil ich nicht absichtlich misgendern wollte.) 

Und dabei tappe ich natürlich in die Falle, dass das äußere Erscheinungsbild nichts mit einem Gefühl zu tun haben muss. Und ich werde Opfer meiner eigenen Vorurteile durch die Erziehung, die ich erhalten habe.

Und auf diese Art und Weise erkenne ich auch selbst, wie andere mich sehen. Wahrscheinlich werde auch ich nach meiner Operation immer noch Merkmale eines männlichen Körpers haben, die nicht weg zu operieren sind. Deswegen erkennen auch viele Kunden von mir mich nicht als trans Frau, sondern als Crossdresser oder Damenwäscheträger. Und wie die Kollegin von oben lasse, ich mich für Geld fetischisieren. Würde ich meinen Kunden lang und breit erklären, dass ich eigentlich eine Frau bin, dann hätte ich keine Kunden mehr.

Ich denke schon, dass ich offen genug bin, um nicht binäre Menschen als solche anzuerkennen. Wenn also eine Maria vor mir steht und sagt, er wäre ein Horst, dann ist es ein Horst und ich werde ihn Horst nennen, auch wenn meine Augen die Maria sehen. Und wenn Horst nun möchte, dass ich ihn penetriere, dann nutze ich einen Strap-On, weil ich meinen Penis selbst überhaupt nicht einsetzen will. Horst würde auf diese Art und Weise meinen eigenen Status besser anerkennen als ich seinen. Horst würde nicht mal nachfragen, warum ich ihn nicht mit meinem Penis bearbeite. Er würde akzeptieren, dass das so ist. Durch diese Selbstverständlichkeit lerne ich auch für mich selbst selbstverständlicher mit nicht binären Personen besser umzugehen.

Dies folgt auch grundsätzlich der These, dass man mit einem Menschen reden soll und nicht über einen Menschen. Das bedeutet nicht, dass man deswegen Sex mit ihr/ihm haben muss. Aber wer etwas über queere Menschen wissen will, muss sich mit queeren Menschen beschäftigen. Auch wenn ich mich selbst als trans binäre Person bezeichne, bin ich auf diese Art und Weise dennoch Teil der queeren Community.

Und wenn ich wieder arbeiten darf, dann werde ich mein Portfolio sicher auch auf queere Menschen erweitern.