„Go After Dreams – Not People“

Als ich das erste Mal etwas von transidenten Menschen gehört habe, lief mir Nina Jaros über die Füße. Und da war ich noch männlich konnotiert. Sie war auf Twitter nicht unstrittig als feministische Person unterwegs, welche sich gefühlt mit allem und jedem gerne anlegte. Vor allem wegen der boshaften, aber meist aus persönlicher Erfahrung heraus geschriebenen Tweets, welche sich um queere Dinge und um Hartz IV drehten. Sie war manchmal ein echtes Ärgernis, weil sie so stur ihren Stiefel durchzog und dabei nicht nur Feind‘ sondern auch Freund‘ nicht verschonte. Ich wurde belehrt, das trans Frauen keine Männer in Frauenkleidern sind. Von ihr durfte ich sehr viel zum Thema lernen und uns verband durchaus eine gewisse Hassliebe, die immer freundschaftlich blieb. Im Sinn blieb mir auch ihr Auftritt beim SWR3-Nachtcafe, den ich, glaube ich, im Krankenhaus gesehen habe.

Persönlich habe ich sie drei mal getroffen. Zweimal im Rahmen eines JoyClub-Events und einmal privat zu meinen aktiven Gewerkschaftszeiten, da ich in der Nähe war.

Wenn ich heute nach ihr im Netz suche, dann finde ich nur wenige Verweise auf ihre Existenz und das ist vielleicht auch so gewollt und damit vollkommen valide.

Seit dieser Zeit sind mir einige trans Menschen über die Füße gelaufen und mit einigen habe ich auch mein Bett teilen dürfen.

Ich glaube, dass ich nur eine leise Ahnung davon habe, was sie nun macht. Jedenfalls hat sie mir „aus dem nichts heraus“ via Telegram geschrieben, dass sie mir auf meinem Weg alles Gute wünsche und das sich das alles aus ihrem Blickwinkel so ergeben musste. Zu tief war ich schon zu meiner Crossdresser-Zeit mit mir selbst und nicht meiner Hülle verbunden.

Nun denke ich nicht, dass Nina mich so wirklich kannte, weil man einem Menschen ja nur vor den Kopf schauen kann. Aber ich glaube ihr stumpf, dass sie Recht hat. Je mehr ich mich mit mir selbst beschäftige, desto mehr sehe ich auch trans Menschen um mich herum, die noch an der Schwelle zum Outing stehen und wundere mich selbst nicht, wenn es so kommt. Irgendwie entwickelt sich ein siebter Sinn, welcher mich selten täuscht. Es lässt sich kaum an etwas festmachen. Es sind Gesten und Reaktionen, die manchmal so fein sind, dass sie für andere verborgen bleiben. Und so wurde ich eben auch von anderen trans Menschen wahrgenommen, als ich mich noch nicht wirklich mit mir selbst beschäftigt hatte.

Und auch wenn ihre Telegram-Nachricht nun schon einige Monate her ist, möchte ich mich bei ihr bedanken. Bedanken dafür, dass mich das unvorbereitete dann doch nicht so unvorbereitet getroffen hat und ich schon genug Theorie wusste, was ich nun in die Praxis umsetzen kann. Nicht auf ihrem Weg, aber auf meinem.

Danke <3